Page 6 - Reiten zwischen Spree und Neiße
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LK SPN Reitbroschüre 16.10.2015 13:05 Seite 6
6 Reiten und Brauchtum
Reiten und Brauchtum
Auch im hier beheimateten sorbischen/wendischen
Brauchtum spielt das Reiten eine Rolle.
Hahnrupfen | Łapanje kokota
Im Sommer findet in vielen Dörfern der Niederlausitz nach ein-
gebrachter Ernte das Hahnrupfen statt, wobei der Hahn als Frucht-
barkeitssymbol geopfert wird, damit er für die nächste Wachs-
tumsperiode neue Kräfte sammeln kann. Die Getreideernte war
die wichtigste Periode im Jahreskreis der
Bauern. Sie entschied über ihren Wohl-
stand. Umso größer war die Freude
und Dankbarkeit, wenn das Getrei-
de trocken und ohne Verluste ein-
gebracht wurde.
Zum Hahnrupfen wird auf einem
geeigneten Platz im Dorf eine mit
grünem Laub umwundene Pforte
aufgestellt und an ihr kopfüber ein
toter Hahn angebunden. Nacheinan-
der durchreiten die Burschen die Pforte im
schnellen Galopp und versuchen, dem Hahn den Kopf abzurei-
ßen. Wem das gelingt, der wird als erster König, sorbisch/wen-
disch „kral“, geehrt. Die Burschen, die die Flügel des Hahnes
erhaschen, gelten als zweiter bzw. dritter König. Alle drei Könige
und ihre Pferde erhalten große Siegerkränze aus Eichenlaub. Sie
wählen sich aus dem Kreis der Mädchen mit verbundenen Augen
ihre Partnerin – ihre „kralowka“ (Königin) – aus, um mit ihr die
Ehrenrunde zu tanzen und den anschließenden Festzug ins Gast-
haus anzuführen. Dort wird beim fröhlichen Tanz auch der Hahn
versteigert.
Den Abschluss aller Erntefeste bildet der von der Domowina –
Bund Lausitzer Sorben e.V. organisierte „Superkokot“. Bei diesem
Hahnrupfen sind alle Erntekönigspaare aufgerufen, aus ihrer Mitte
den „König der Könige“ zu ermitteln. Diese Wettspiele finden im
Ort des Vorjahressiegers statt.